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Ronald Templeton zum Vortrag "Inspiration und Entgrenzung in der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts" von Roland Halfen

Erstellt von Ronald Templeton | 31.05.2016 |   Berichte

Am Abend war dann Roland Halfens Vortrag mit Bildern zur Suche nach den Quellen der Kunst im 20. Jahrhundert. Der Kunsthistoriker und Herausgeber des künstlerischen Werkes von Rudolf Steiner innerhalb der Gesamtausgabe blickte auf einige symptomatische Entwicklungen der Kunst des 20. Jahrhunderts, versuchte diese in ihren Phänomenen zu ordnen, und schliesslich nach ihrer gemeinsamen Ursache zu fragen. Nach dem letztmaligen Hinweis auf die Erweiterung des Sinnesspektrums, die Rudolf Steiner schon am Anfang des 20 Jahrhunderts thematisierte, ging es dieses Mal um ein anderes charakteristisches Phänomen, das sich mit dem Begriff «Entgrenzung» umschreiben liesse. Halfen macht hier sieben Formen der Entgrenzung aus, die er mit ausgewählten Beispielen verdeutlichte. Hier kann ich nur versuchen, den roten Faden wiederzugeben, weil uns das Bildmaterial fehlt.

Entgrenzung I: In der ersten Entgrenzung zwischen Kunst und Nichtkunst wies Halfen z.B. auf Marcel Duchamps „Ready-Mades“ hin. Hier werden Alltagsgegenstände aufgegriffen und in einen anderen Kontext gesetzt, so dass der Betrachter sie anders zu sehen beginnt, z.B. deren Formschönheit unabhängig von ihrer Nützlichkeit. Hier wird der Betrachter, der das Sichtbare ergänzt, einbezogen und die Grenzen zwischen Kunst und Nicht-Kunst durchlässig. Nicht nur Alltagsgegenstände, sondern sogar Maschinen können hierbei in den Kunstprozess einbezogen werden, wie es z.B. Rebecca Horn mit ihren malenden Maschinen getan hat. Zu dieser Gruppe, die die Grenzen zwischen Kunst und Nicht-Kunst unterläuft, rechnete Halfen z.B. auch Aktionen von Joseph Beuys mit Tieren wie einem Coyoten, einem Hasen oder einem Pferd. Bei der Aktion I like America and America likes me etwa begab sich Beuys in einen Raum zusammen mit einem Coyoten und versuchte über mehrere Tage hinweg eine Beziehung zu ihm aufzubauen.

Entgrenzung II: Bei dieser Gruppierung werden die drei traditionellen Gattungsgrenzen zwischen Architektur, Skulptur und Malerei aufgelöst. So erscheint Frank Lloyd Wrights Guggenheim-Museum in New York von 1958 wie eine riesige, aus plastischen Körpern zusammengesetzte Skulptur, und von Le Corbusier bis Zaha Hadid oder Frank Gehry wird die Architektur im Laufe des 20. Jahrhunderts immer mehr zu einer begehbaren Skulptur. Im Bereich der Malerei wird die Grenze zur plastischen Räumlichkeit überschritten, und Maler wie Emil Schumacher oder Gotthard Graubner nehmen Abschied vom „Fenster in eine andere Welt“, indem sie die Kunsttafel als reales Objekt behandeln. Eine Verbindung mehrerer Entgrenzungen findet sich bei Ai Weiwei, der plastische Gebrauchsgegenstände (6000 Dreibeinhocker) zu einer raumfüllenden, skulpturalen Installation zusammengefügt hat. Das Gegenständliche wird so zu einem Raum, der sich für eine neue Erlebnisebene öffnet.

Entgrenzung III: Die traditionelle Grenze zwischen dem Kunstobjekt und seiner Umgebung wird vor allem in der Land-art aufgelöst. Dies zieht sich durch alle Elemente hindurch, von Arbeiten mit Wasser über solche mit Wind bis hin zu Beuys‘ Konzept einer Wärmeplastik oder Klanginstallationen, bei denen man überhaupt nicht mehr zwischen dem Kunstobjekt und der Umgebung unterscheiden kann. Die Umwelt wird durch das Kunstwerk in einen veränderten Kontext gesetzt, und das gewöhnliche Sinnliche erhält durch die veränderte Wahrnehmung ästhetische Qualitäten.

Entgrenzung IV: Die Grenze zwischen dem Künstler und dem Kunstobjekt, die in den Tanz- und Bewegungskünsten ohnehin kaum zu ziehen ist, wird in der Kunst des 20. Jahrhunderts auch in der bildenden Kunst aufgehoben. So etwa beim body-painting, wo Johannes Stötter menschliche Körper so bemalt, dass sie mit der Umgebung verschmelzen oder in Performances von Marina Abramovic, die ihren Körper zum Objekt der Verletzung durch das Publikum macht. Der Höhepunkt dieser Form der Entgrenzung findet man in Abramovics Performance The Artist is Present, das nur in der reinen Begegnung mit Menschen besteht, die sich ihr unmittelbar gegenüber setzen.

Entgrenzung V: Die traditionelle Grenze zwischen Künstler und Betrachter wird schon bei Abramovics Performances aufgehoben. Eine andere Form findet sich bei Karin Sander, wo Besucher nach eigenen Ideen body-scans wie persönliche Porträts herstellen können. Bei Dan Flavins Neonröhren-Installationen können Besucher unmittelbar ein Teil des Kunstwerkes werden, indem sie farbige Schatten erzeugen, sich zwischen den Neonröhren hindurch bewegen und dadurch für wieder andere Betrachter an der Entstehung der Phänomene beteiligt sind.

Entgrenzung VI: Auch die traditionelle Grenze zwischen dem Kunstschaffen und dem Kunstwahrnehmen wird durchlässig. Wir stehen nicht mehr den Objekten der Kunst gegenüber, sondern sind in viel höherem masse als bisher beteiligt an dem Zustandekommen der ästhetischen Erfahrung; d.h. das Werk entfaltet immer mehr erst durch den Betrachter seine Realität.

Entgrenzung VII: Und schliesslich werden auch die Grenzen zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft in Frage gestellt. Die Zeit der «Vorreiter» und Avantgardisten scheint sich allmählich in eine Vielfalt gleichberechtigter Positionen zu verwandeln.

All diesen Phänomenen der Entgrenzung scheint ein sich veränderndes Verhältnis des Menschen zu seinem körperlichen Wesen zugrunde zu liegen. Die naive Identifikation mit dem eigenen Leib und den von dort her vorgegebenen Grenzen zwischen den Wesensgliedern, aus denen die traditionellen Kunstgattungen hervorgingen, hört allmählich auf. Auch die äussere Sicherheit einer sicheren Objektwelt ist im Schwinden; die Elementarphysik und die beiden Weltkriege haben die Welt als gesicherten Ort auf soliden Fundamenten erschüttert. Mehr und mehr zeigt die Welt sich als Gefüge von Prozessen und Energien, und das Sinnliche wird vom Objekt zum Phänomen des Bewusstseins.

Die Lösung von der Körperlichkeit bezeichnete Rudolf Steiner auch als «unbewussten  Schwellengang» der Menschheit. Mit ihm wird man zugleich auf das eigene Bewusstsein zurückgeworfen. Das bisherige Denken, Fühlen und Wollen lösen sich aus ihrem natürlichen Zusammenhang und tendieren zur Desintegration. Ein neues Bewusstsein möchte willentlich entdecken, möchte einbezogen werden, verstehen können und im eigenen freien Schaffen neuen Halt finden, jeden Moment.

Statt zu versuchen, eine äusserliche Verbindung der sich trennenden Bereiche herzustellen, sollte man vielmehr entdecken, wo sich in dem einen Bereich durch Vertiefung der andere neu finden lässt. Marc Rothkos Bilder etwa reduzieren das Sichtbare auf konzentrierende Weise und ermöglichen durch diese Reduktion erst einen meditativen Raum, in dem sich ein neues religiöses Empfinden einstellen kann. Diese konzentrierte und durchschaubarere Eigentätigkeit ist produktiv und gibt neuen Halt. Ohne diese Tätigkeit ist nichts da. In diesem Sinne forderte Rudolf Steiner die Besucher des Goetheanums auf, nicht immer bloss auf die Objekte und das Geschaffene zu achten, sondern innerlich tätig zu werden und darin erst das Goetheanum «zu vollenden».

Ronald Templeton

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