Was hat Sie in Ihrer letzten Klausur beschäftigt?
Barbara Schnetzler: Wir haben uns mit den Vorträgen Rudolf Steiners «Die Kunst im Lichte der Mysterienweisheit» beschäftigt, woraus sich ganz wunderbar unser Tagungsthema für die Himmelfahrtstagung, die durch die Corona-Krise auf 2021 verschoben wurde, ergeben hat. Rudolf Steiner beginnt den ersten Vortrag mit dem Blick auf die Technik und den Umgang mit ihr. Dabei betont er, dass wir Menschen uns nicht von der Technik abwenden sollten. Lehnen wir den technischen Fortschritt ab, würden wir uns der Welt in gewisser Weise entziehen und meinen, uns dadurch von Ahriman abwenden zu können; das ist aber nicht möglich, denn Ahriman findet den Menschen überall. Wir sollten vielmehr einen Weg finden, mit der Technik umgehen zu lernen. Über diese Frage haben wir uns dann anhand einiger Werkbeispiele ausgetauscht. So hat Pieter van der Ree ein Architekturbeispiel des Arnheimer Bahnhofs gezeigt, dessen Gestaltung nach einem computerprogrammierten Modell entstand. Die Formen sind schön, organisch – perfekt. Doch in unserem Austausch wurde der Qualitätsunterschied zu einem von Menschenhand gefertigten Modell ganz deutlich. Die Formen muten zu dünn an, haben kein Innenleben und keine innere gestaltende Kraft. Die tragenden Säulen scheinen die Last nicht wirklich zu tragen. Es fehlt die Struktur, die lebendige Gesetzmässigkeit im Innenraum der Form.
Damit erwacht die Frage nach dem schöpferischen Menschen und der Humanität. Und dies soll auch im Zentrum unserer Tagung stehen – wie der Mensch in den Künsten zum Menschen wird. Nie war der Mensch so existentiell in allem bedroht wie in der Gegenwart. Die ganze Tendenz der modernen Kunst bezeugt diese Brechung. Wir wollen im Zeitalter des Transhumanismus den Menschen aus den verschiedenen Künsten heraus beleuchten und erforschen, wie diese auf den Menschen wirken.
Link zum kompletten Interview, das in gekürzter Form auch in der Wochenschrift «Das Goetheanum» erscheinen wird.